„PENG“
Stille.
Wir schauen uns etwas erschrocken an. Was war das denn?
Es ist gerade Samstagnachmittag und wir sitzen vor unserem Camper. Per Zufall haben wir diesen netten Campspot in der Nähe von Lilloet gefunden. Das Feuerholz für den Abend hat Anne schon zerkleinert. Jetzt wollen wir eigentlich gemütlich Kaffee trinken, danach arbeiten und heute Abend Lagerfeuer machen.
„Just be aware – there is a bear on the campsite. Actually, four bears are here currently”, ruft uns eine freundliche Dame zu, die kurz nach dem Knall eilig an unserem Camper vorbeiläuft.
Oh. All right, thanks for the information!
Ein paar Minuten später kommt ein weiterer Camping-Nachbar in seinem Jeep vorbei und lässt sein Fenster herunter:
„The bear just strolled through our camp, so I fired up a bear banger“.
Das war also der laute Knall, den wir gerade gehört haben.
Unser Nachbar ist Jäger, kommt aus der Gegend und campt häufig am Wochenende auf diesem Campspot. Er erklärt uns, dass ein „jugendlicher“ Bär und eine Bärenmama mit ihren beiden Jungen in der Gegend leben. Die beiden Bärenjungen sind nun in einem Alter, in dem sie sich von der Mutter trennen. Sie müssen zum ersten Mal selbst klarkommen und sind wohl etwas orientierungslos, wohin sie sollen.
Schon bei der Anfahrt zum Campingspot hatten wir einen großen Schwarzbären am Straßenrand gemütlich Gras mampfen sehen.
Kaffeetassen und Bärenspray
Auf dem Tisch liegt direkt neben unseren Kaffeetassen das Bärenspray. Das haben wir uns bei einigen Kanadiern abgeschaut. Sie haben ihr Spray meist irgendwo griffbereit. Oder es hängt direkt am Gürtel.
Von unserem Nachbarn bekommen wir noch einige Infos zu den Bären in Kanada: Schwarzbären interessieren sich eigentlich nicht für Menschen. Wenn es aber lecker aus dem Rucksack riecht, dann sieht die Lage schon ganz anders aus.
Grizzlybären hingegen sind ziemlich unberechenbar. Kreuzt man ihre Wege an einem schlechten Tag, dann kann das richtig gefährlich werden. Ganz egal, ob man leckeres Essen dabei hat oder nicht.
Schwarzbären können im Gegensatz zu Grizzlys klettern. Beide Bärenarten sind unglaublich schnell – wegrennen, bringt also bei einer Begegnung nicht viel.
Sollte sich ein Bär doch gefährlich nähern, dann empfiehlt uns der Kanadier: Groß machen, laut sein und langsam zurückweichen. Und für den Fall der Fälle Bärenspray bereithalten.
Dass wir an unserer Reaktion bei Bärenbegegnungen noch feilen müssen, das erleben wir im Banff Nationalpark ein paar Wochen später.
Unser Nachbar erzählt uns auch noch, dass er hier einmal eine überraschende Bärenbegegnung hatte.
Der Campspot liegt unmittelbar an einem laut tosenden Fluss. Er fuhr mit seinem Fahrrad am Fluss entlang, nichts ahnend, dass ein Schwarzbär hinter einer Kurve mitten auf dem Weg sitzt.
Er und der Bär haben sich gegenseitig weder gesehen noch gehört. Als unser Nachbar den Bären dann fast umgefahren hätte, ist er so erschrocken, dass er laut grölend abgehauen ist. Quer über die Stellplätze in den gegenüberliegenden Wald. Also der Bär ist abgehauen, nicht der Nachbar.
Inzwischen kann unser Camping-Nachbar darüber lachen und meint: „Lucky me!“
In den nächsten Tagen auf dem Campspot liegen Bear Banger und Bärenspray immer parat. Zum Glück scheint der Knall des Bear Bangers nachhaltig zu wirken. Keiner der Bären in der Gegend wagt sich in diesen Tagen noch einmal zum Campspot.
Nach ein paar sonnigen Tagen am Fluss und schönen Abenden am Lagerfeuer ziehen wir weiter. Bald kommt Besuch aus Deutschland und wir freuen uns darauf, gemeinsam Banff und Jasper zu erkunden.
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