Langsam geht die Sonne unter und riesige Wellen brettern auf den Playa de los Tortugas zu.
Vor unserer Panamericana Reise wussten wir nicht, wie tosend, kraftvoll und vor allem lautstark der Pazifik ist.
Die Namensgebung „Pazifik“ war damals ein Irrtum, wie uns Brit und Nico an einem Abend erzählten. Der Seefahrer Magellan wurde bei seiner Weltumsegelung von heftigen Stürmen begleitet. Als er und seine Crew schließlich den Pazifik erreichten, ließen die Unwetter nach und das Meer wurde ruhig. Aus diesem Grund nannte Magellan dieses Meer „Pazifik“ oder auch “stillen Ozean”.
Bei der Wucht der gegenwärtigen Wellen kann von „stillem Ozean“ aber keine Rede sein.
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Für einige ganz junge Meeresbewohner ist das aber genau das Richtige.
Wir beobachten heute Abend frisch geschlüpfte Schildkröten beim Start in ihr abenteuerliches Leben im Pazifik.
Es sind die letzten Schildkrötenbabys für diese Saison und viele Menschen haben sich an diesem Abend am Strand versammelt.
Die Eier und Nester der Schildkröten wurden über mehrere Wochen von freiwilligen Helfern in einem Greenhouse am Strand gehütet.
Jetzt sind die Schildkrötenbabys geschlüpft und Helfer tragen sie in bunten Plastikschalen aus dem Green House. Sie sind so klein und quietschfidel!
Als die Sonne am Horizont untergegangen ist, zieht ein Freiwilliger mit dem Fuß eine lange Linie in den Sand. Hinter dieser Linie dürfen wir uns positionieren und beobachten, wie die kleinen Schildkrötenbabys instinktiv Richtung Meer krabbeln.
Manche Schildkröten werden von den großen Wellen ins Meer getragen, andere wieder ein oder zwei Meter zurück an den Strand gespült, von wo sie gerade mühsam losgekrabbelt sind.
Andere bleiben kurz am Strand liegen, als würden sie sich denken: „Da soll ich wirklich rein? No way!“ Aber dann kommt schon die nächste Welle und plötzlich krabbeln sie los, als hätten sie nur einen kleinen Mutmacher gebraucht.
Wir warten, bis es auch die letzte Schildkröte ins Meer geschafft hat. Inzwischen hat sich der Strand geleert. Nur noch ein paar Leute sind hier, die meisten sind schon gegangen.
Langsam schlendern wir zurück zu Berta und sprechen noch lange am Abend über dieses einmalige Erlebnis. Irgendwann kehren die kleinen Babys als ausgewachsene Schildkröten zurück und legen eigene Nester, genau an diesem Strand.
Bereits zwei Monate sind wir nun auf der Baja. Wir könnten noch länger bleiben und noch so einiges entdecken. So langsam zieht es uns aber auch weiter auf das mexikanische Festland – und das bedeutet für uns: Rauf aufs Schiff!
Auf geht’s zum Festland!
An einem Freitagnachmittag fahren wir mit Brit und Nico zum Hafen von La Paz. Heute soll gegen 17:00 Uhr die TMC Fähre von La Paz nach Mazatlan auslaufen – samt uns und unseren Vans.
Die Fähre von TMC ist eine Lkw-Fähre, die aber auch Camper und andere “non-commercial” Fahrzeuge mitnimmt. Wir erwarten keinen Luxusdampfer und stellen uns auf laute Motoren der Kühllaster, eine rumpelige Überfahrt und wenig Schlaf ein.
Bevor wir allerdings überhaupt in den Hafen fahren dürfen, wird unser Fahrzeug inspiziert.
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Mittlerweile wissen wir, dass die eingestanzte Fahrgestellnummer unseres Sprinters hinter dem rechten Vorderrad im Radkasten ist. Eine – sagen wir mal “interessante” – Platzierung für eine derart wichtige Nummer. Denn im Radkasten ist die Nummer fast immer von einer dicken Staub- und Dreckschicht bedeckt, die man erst einmal wegschrubben muss, bevor man irgendetwas erkennt. Darauf hatte der Kontrolleur in diesem Fall keine Lust und hat sich mit dem Sticker am Fahrersitz zufrieden gegeben.
Der Inhalt unseres Campers wird schnell als harmlos eingestuft. Vielmehr interessiert sich der Kontrolleur dafür, ob wir denn in Cabo Pulmo auch schnorcheln waren. Natürlich waren wir das!
Und ob wir Alkohol dabei hätten: Auch das haben wir. Als wir das Bier zeigen, grinst er und meint nur: Siii, esta bueno cerveza mexicana – no hay problemas! Die Sorte scheint ihm wohl auch zu schmecken.
Der Kontrolleur winkt uns durch und wir fahren weiter zur Station 2: Das Wiegen.
Für 210 Pesos (ca. 10 Euro) erfahren wir, wie schwer und lang unsere Berta ist! Diese Angaben brauchen wir später für den Ticketkauf.
Gespannt schauen wir auf die Gewichtsanzeige und ha! Wir sind nicht überladen, obwohl wir in den letzten Wochen doch die ein oder andere neue Anschaffung gemacht haben.
Grundsätzlich interessiert sich hier in Mexiko aber niemand für Fahrzeuggewicht, Ladung und Co.
Nach dem Wiegen müssen wir eigentlich nur noch das Ticket für die Überfahrt von La Paz nach Mazatlán kaufen. Eigentlich.
Im kleinen Büro von TMC sitzen einige Damen von der Fährgesellschaft hinter Glasscheiben und tippen lautstark auf ihren Tastaturen herum.
Das Büro ist voll mit Truckerfahrern und anderen Reisenden. Etwas irritiert suchen wir nach einer “Schlange”.
Wie ist denn die Reihenfolge hier?
Ein Neuseeländer gibt uns einen Tipp: Der Zettel mit den Maßen und dem Gewicht des Autos müssen wir irgendwie im richtigen Moment durch die Glasscheibe zu den Damen geben.
Brit wittert eine Chance und reicht die Zettel blitzschnell an der Glasscheibe vorbei. Scheinbar war das einer dieser richtigen Momente, denn die Zettel werden angenommen und erst einmal zur Seite auf einen weiteren Stapel Papiere gelegt.
Iiiiirgendwann sehen wir ein verlegenes Lachen bei einer der Damen und ahnen es schon: Sie hat unseren Zettel in der Hand und versucht Annes Nachnamen laut vorzulesen. Bei “Hopf ? ? ngää ? ? …“ erlösen wir die Damen und treten an die Glasscheibe.
Ruckzuck halten wir unser Fährticket und vier Gutscheine für jeweils Abendessen und Frühstück in der Hand.
Wir parken unsere Vans vor der Fähre und warten, bis wir reingewunken werden. Währenddessen essen wir unseren Nudelsalat und beobachten fasziniert, wie die Hafenmitarbeiter Lkws und Kühllaster auf die Fähre bugsieren – Zentimeterarbeit in Hochgeschwindigkeit.
Und dann kommt er: Der Zeigefinger, der auf uns deutet und uns das Signal zum losfahren gibt. Anne lässt den Motor an und wir entern die Fähre.
Unser Platz ist ganz vorne links, neben 4 großen “Thermokings”. Falls dir das nichts sagt: Thermokings sind Kühllaster, deren Motor permanent läuft, damit ihre Ware gekühlt bleibt.
Also nicht gerade der Jackpot, was den Platz für die Nacht angeht …
Aber zum Glück stehen wir unter freiem Himmel und haben auf der rechten Seite keinen Thermoking. So können wir die Fenster öffnen, um ein bisschen Luft hereinzulassen.
Als Brit und Nico auch geboarded sind, erkunden wir das Deck. Die Baja verabschiedet sich mit einem letzten roten Sonnenuntergang.
Wir werfen einen kurzen Blick in die Bordkombüse, wo die meisten Lkw-Fahrer bereits ihr Abendessen verdrückt haben. Brit und Nico lösen dort ihre Essensgutscheine ein. Wir essen eine Kleinigkeit im Van, aus Ermangelung vegetarischer Optionen in der Kombüse.
Die Nacht und die Überfahrt auf unserem „front row“ Platz war – abgesehen von den Thermokings – angenehm ruhig. Es gab kaum Seegang und wir haben erstaunlich gut geschlafen. Alle Lkws und Autos werden in umgekehrter Reihenfolge in Mazatlan entladen.
Merkwürdige Kontrolle in Sinaloa
Die Hafenstadt Mazatlan liegt im Bundesstaat Sinaloa. Eine Region, die als unsicher gilt und vor der gewarnt wird.
Wir sind etwas angespannt und wollen uns hier nicht lange aufhalten.
So stehen heute 300 km Fahrt auf dem Plan, um Sinaloa zu verlassen und bis nach Tepic zu kommen. Dort wartet ein Campingplatz mit heißer Dusche auf uns.
Ein neuseeländisches Pärchen fragt, ob sie sich für diesen Streckenabschnitt durch Sinaloa bei uns anschließen dürfen.
Selbstverständlich! Wir nehmen die beiden mit ihrem weißen Van und Kennzeichen aus Kalifornien in die Mitte unseres Sprinter-Konvois und los geht die Fahrt.
Nach einer Stunde Fahrt sehen wir Personen auf der Fahrbahn. Wir werden alle zu einer “Kontrolle” unter einer Brücke herausgewunken.
Die Kontrolle wirkt alles andere als offiziell. Die Personen haben eine Art Uniform an, die sich allerdings beim genaueren Hinsehen als selbst gemacht entpuppt.
Wir haben genau diese “besondere” Kontrolle schon bei unserer ersten Tour durch Mexiko gesehen. Damals haben sie uns allerdings ohne Stopp durchgewunken.
Die Truppe in beigen Hosen, schwarzen Shirts und ungewöhnlichen Tüchern um den Hals beginnt bei Brit und Nico mit ihrer “Inspektion” im ganzen Fahrzeug.
Ein paar Minuten später ist das neuseeländische Pärchen an der Reihe und dann wir.
“Drogas?” werden wir gefragt und wir verneinen.
Ob wir 10.000 USD Dollar dabei hätten oder Waffen. Wieder verneinen wir.
Dann betreten zwei Personen unsere Berta. Die Schränke und Schubladen werden geöffnet. Hier und da wird herumgestochert.
Besonders interessant ist unser Thermacell und die dazugehörigen in Folie verschweißten Plättchen. „Mosquitos“ sagen wir und der Thermacell wird zurück in den Schrank gelegt.
Plötzlich steht eine Frau vor uns und tastet uns ab. Später erfahren wir, dass nur die Frauen abgetastet wurden und die Männer nicht. Seltsam.
Schließlich lassen sie uns etwas grummelig, aber unbehelligt weiterfahren.
Das war mit Abstand die unangenehmste Kontrolle unserer Reise, resümieren wir am Abend in Tepic mit Brit und Nico. Auch auf iOverlander berichten viele andere Reisende von dieser Kontrolle. Manche wurden um die Hälfte ihres Bargelds erleichtert.
Wir kommen gut in Tepic an und verbringen dort drei Tage mit Schrauben, Basteln und Planungen. Wir überlegen, unseren Starlink auf dem Dach zu befestigen – sobald wir alles ausgetüftelt und besorgt haben.
Anschließend fahren wir weiter nach Tequila.
Tequila vom Feinsten
Bei unserem Gastgeber José dürfen wir ganz im (mexikanischen) Landvergnügen Stil auf dem Hof seiner Destillerie übernachten.
Natürlich haben wir uns die Tour über seine Farm und das köstlichen Tequila Tasting nicht entgehen lassen. José beschreibt leidenschaftlich, wie er seinen Tequila herstellt, wie die Stadt zu seinem Namen kam und dass er vor einigen Jahren Bürgermeister von Tequila war. Die Stadt verdankt ihm den Titel “Pueblo Magico”.
Nach der vierten Runde Tequila und einem Cantarito, ein typisches mexikanisches Getränk mit Tequila und frisch gepressten Fruchtsäften, ziehen wir unser Fazit: Tequila ist eine Handwerkskunst und am liebsten trinken wir den “Reposado”. Das ist ein Tequila, der ungefähr 6 Monate gereift ist.
Am nächsten Morgen verabschieden wir uns von Brit und Nico, die wir vermutlich in Oaxaca wieder treffen werden. Unser nächstes Ziel ist ein Pinienwald kurz vor Guadalajara. Dort verweilen wir ein paar Tage und genießen diese wundervolle Luft – ein bisschen erinnert uns der sandige Boden an die Lüneburger Heide.
Baden im Rio Caliente
In der Nähe unseres Plätzchens gibt es einen „Rio Caliente“ (= heißer Fluss). Als wir langsam in den Fluss waten, sind wir überrascht, wie „caliente“ der Fluss ist.
Tatsächlich ist er so warm, dass wir immer wieder eine Pause einlegen. Es ist wie Baden in einer Therme. Nur, dass es ein natürlicher Fluss ist.
Guanajuato – typisch mexikanisch
Nach vier Tagen verlassen wir unsere “mexikanische Lüneburger Heide” und fahren weiter nach Guanajuato. Die Stadt in den Bergen soll farbenfroh und mexikanisch-authentisch sein. Leider hat sie auch enge, verwinkelte und steile Straßen und einige Tunnel.
Anna nimmt sich viel Zeit, um eine gute Route zu einem kleinen Campingplatz in der Stadt zu finden. Wir wollen ungern in einem der niedrigen Tunnel oder engen Gässchen stecken bleiben.
Google Maps ist mit unserer Routenführung nicht einverstanden. Kommt es uns nur so vor, oder wird die Google Dame immer energischer, wenn man sie ignoriert?
“Nein, auch hier noch nicht abbiegen”, sagt Anna. Inzwischen haben wir vier Abbiegeanweisungen von der Google Dame ignoriert.
Mit beiden Händen am Lenkrad und den wuseligen Verkehr bestens im Blick manövriert uns Anne auf der Umgehungsstraße 110 den Berg hinauf bis zur “Carretera Panoramica”.
“Jetzt links” sagt Anna.
Wir schlängeln uns um die Kurven und schließlich lässt sich auch die Google Maps Dame auf unsere Routenplanung ein.
Ein kleines Stück geht es sehr steil bergab über ein rutschiges Kopfsteinpflaster. Die Bremsen quietschen. Anna steigt aus und filmt das Spektakel. Die Dorfbewohner grüßen mit “Buenas tardes” und sind nicht besonders überrascht, ein solches Fahrzeug hier zu sehen.
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Schließlich kommen wir am kleinen Campingplatz an. Anna drückt das Tor auf und wir rollen auf den mini Platz mit toller Aussicht auf die Stadt.
Auf dem Platz treffen wir Melissa und Michael, die wir auf Baja schon einmal kurz gesehen hatten. Und Sara und Tomislav sind auch hier. Mit den beiden waren wir vor Monaten beim Yellowstone Nationalpark leckere Burger essen.
Eines hatten wir leider nicht auf dem Schirm: Es ist Feiertag in Mexiko!
Die Stadt ist unglaublich voll.
Drei Tage erkunden wir Guanajuato. Wir schlendern von einem Café zum Mirador, durch das Diego Riviera Museum und hören den Liedern der Callejoneadas zu.
Unser absolutes Highlight in Guanajuato war aber keine Sehenswürdigkeit, sondern der sogenannte “schwarze Kuss”. Im Café Tal bestellen wir einen “Beso Negro”.
Der Kellner serviert uns eine Espressotasse mit dickflüssiger dunkler Schokolade.
Wir probieren.
Es schmeckt fantastisch!
Nicht zu süß, nicht zu bitter. Wie leicht flüssiger Schokoladenpudding aus feinster Schokolade mit der perfekten Süße.
Nach vier Nächten fahren wir weiter nach San Miguel de Allende, über das wir auch schon sehr viel Gutes gehört haben.
San Miguel de Allende ist eine Künstlerstadt mit viel Streetart, Kunstmärkten, netten Cafés und Restaurants. Viele US-Künstler zieht es in diese Stadt. Sie erinnert uns sehr an das Viertel in Köln, in dem wir bis vor unserer Reise wohnten: Ehrenfeld – natürlich im “mexican style”.
Hier nutzen wir auch die Gelegenheit und lassen Berta einmal komplett durchchecken. Nach 40.000 km auf dem amerikanischen Kontinent hat sich Berta eine Wellness-Behandlung mehr als verdient!
Hasta luego!