Oft werden wir gefragt, wie wir unsere Route planen.
Entscheiden wir spontan, wohin wir fahren? Oder steht unsere Planung schon weit im Voraus?
Das hat sich im Lauf unserer Reise verändert: Anfangs war ziemlich viel geplant. Das lag aber auch daran, dass wir in Mexiko losgefahren sind. Aufgrund der Sicherheitslage haben wir in diesem Land sehr genau überlegt, welche Regionen wir uns anschauen wollen und welche wir umfahren.
Mittlerweile sind wir ziemlich spontan unterwegs. Wir haben mal mehr, mal weniger eine grobe Idee. Und gerade im Winter nimmt ehrlich gesagt das Wetter am meisten Einfluss auf die Route.
Denn der Winter ist inzwischen auch im mittleren Westen der USA angekommen. Die Wettervorhersage für den November ist durchwachsen: Regen, Wind, Sonne, Schnee.
Ein ganz besonderes Geburtstagsgeschenk
Aber wir haben Glück. Denn an genau einem Tag strahlt die Sonne. Jackpot! Den brauchen wir für Annes Geburtstagsgeschenk: eine Tour durch den Lower Antelope Canyon in Arizona.
Zwar meldet unsere Wetter-App dann kurz vor der Tour noch sehr viel Wind, aber das sollte uns doch unten im Canyon nichts ausmachen, nicht wahr?
Wir verlassen das Valley of the Gods in westlicher Richtung. Dort haben wir Annes Geburtstag gefeiert und einige schöne Tage mit anderen Overlandern verbracht. Falls du unsere letzte Reisekolumne zum Oktober noch nicht gelesen haben solltest, dann lies hier gerne weiter. Dort findest du auch Bilder vom Valley of the Gods, einem unserer absoluten Lieblings-Wildcamping Plätze im amerikanischen Westen.
Unser Ziel ist die Stadt Page. Dort übernachten wir, wie so viele andere Camper, sehr unromantisch auf einem Walmart Parkplatz.
So ist Vanlife eben auch. Einige Stellplätze sind schön, andere eher praktisch.
An einem Tag campen wir in spektakulärer Natur, am nächsten Tag rollen wir auf einen asphaltierten Parkplatz und sehen die Sonne hinter dem leuchtenden Walmart-Schild untergehen.
Wird es doch etwas windiger im Canyon?
Am Lower Canyon angekommen begrüßt uns unser Tourguides in voller Vermummung: Cap, Sonnenbrille, Halstuch und Maske.
Wir ahnen schon, dass der Wind wohl doch ein Problem im Canyon werden kann.
Der Guide gibt uns eine kurze Einweisung und warnt uns vor Sand und Steinen, die von oben in den Canyon geweht werden.
Wir machen uns auf den Weg zum Abstieg in den Canyon. Von oben sieht der Canyon unscheinbar aus. Nur ein schmaler Riss in der Erdoberfläche.
Als wir hinabsteigen eröffnet sich eine andere Welt: feine wellenartige Sandsteinformationen. Unter der Erde. In prall leuchtendem Orange. Woah!
Wir spazieren langsam durch den Canyon und schießen tausend Fotos. Unser Tourguide ist super. Er gibt uns viele Infos zum Canyon und kennt die besten Fotospots.
„Cover your heads“ hallt es durch den Canyon. Sobald wir die Warnung des Guides hören, sollen wir uns gegen die Wand drücken und vor herabfallenden Steinen Schutz suchen. Ein etwas größerer Stein landet auf Annas Schulter – nicht auf dem Kopf, Glück gehabt.
Nach 1,5 Stunden tauchen wir wieder aus dem Canyon auf und schlendern zurück zum Parkplatz. Der Wind bläst und bläst.
Wir versuchen mit geschlossenem Mund zu grinsen, denn es knirscht mittlerweile schon zwischen unseren Zähnen.
Die Landschaft „dort unten“ ist wunderschön, einmalig. Ein Erlebnis und eine Erinnerung für die Ewigkeit. Wir würden die Tour jederzeit wieder machen.
Unser Abschleppseil kommt zum ersten Mal zum Einsatz
Pock. Pock. Pock. Wir schlagen unsere Schuhe gegen Berta. Langsam rieselt der Sand heraus.
Eine Placebo-Maßnahme.
Denn wir sind überall voller Sand. Sogar unsere Kopfhaut ist knallrot vom Sand. Wir müssen dringend duschen.
Während wir uns gerade abfahrbereit machen, hören wir ein lautes „WUUUUMS“ direkt neben unserem Van.
Es folgt ein entnervtes „Putain!“.
Als wir aus dem Fenster blicken, sehen wir ein Auto auf einem Betonklotz hängen.
Also buchstäblich – hängen.
Der Fahrer muss den Betonklotz übersehen haben und ist mit Schwung draufgefahren. Jetzt hängt der Wagen auf dem Betonklotz und die Vorderräder des Mietwagens schweben in der Luft.
Ein Pärchen aus Belgien steigt aus. Der Fahrer flucht auf Französisch.
Das Auto hat Vorderradantrieb. Da die aber in der Luft hängen, gibt es aus eigener Kraft keinen Weg vor oder zurück.
Wir fragen, ob sie Hilfe brauchen?!
„Yes, yes, thank you“ sagt der Fahrer.
Wir holen unsere Auffahrkeile, die Schaufel und den Wagenheber.
Der Plan: Auto anheben und Keile unter die Vorderräder, sodass die Räder wieder Grip haben und vorsichtig vom Betonklotz fahren können.
Vielleicht bekommen wir so das Auto aus der misslichen Lage wieder raus?
Wir heben das Auto an, buddeln und schieben, drücken.
Die Keile passen aber einfach nicht unter die Vorderräder.
Das Abschleppseil! Wir haben doch ein Abschleppseil und einen Schekel dabei!
Ein anderes Paar mit einem Pick-Up kommt angefahren und fragt, ob sie ebenfalls helfen können.
Wir versuchen das Auto mit dem Pickup und dem Abschleppseil zu verbinden.
Allerdings gibt es keinen vertrauenswürdigen Ankerpunkt, an dem wir das Abschleppseil am Mietwagen befestigen können, ohne das Auto komplett zu schrotten.
Und trotzdem, unser Gefühl sagt: Wir kriegen die hier schon gemeinsam raus. Auch ohne teuren Abschleppwagen.
Schließlich kommt ein Mitarbeiter des Touranbieters mit seinem Wagen.
Er meint etwas genervt, dass das wohl schon öfter passiert wäre.
Seine Miene hellt sich auf, als er unser Equipment sieht. Er hat einen Plan.
Wir heben den Wagen wieder mit dem Wagenheber an. Befestigen unser Abschleppseil am 150 Kilo Betonklotz und ziehen den Klotz unter dem Auto hervor.
Der Plan funktioniert. Unser Abschleppseil hat seine Premiere gehabt. In ungewöhnlicher, aber sehr erfolgreicher Art und Weise.
Der Mietwagen hat wieder Boden unter allen vier Rädern und das belgische Pärchen ist erleichtert.
Und wir wollen jetzt nur noch eins: heiß duschen und den Sand loswerden.
Auf Reisen ist kein Tag wie der andere
Was man an einem Tag auf Reisen so alles erlebt: Erst eine schöne Tour mit atemberaubenden Farben unter der Erde, dann eine kleine Rettungsaktion, Stellplatz suchen, duschen, Abendbrot.
Nicht jeder Tag ist so vollgepackt, aber kein Tag ist wie der andere. Das ist aufregend und schön.
Und zwischendurch sind wir auch mal froh, wenn etwas Alltag einkehrt.
Am Abend versucht Anne noch den letzten Sand aus ihren Augen zu bekommen.
Wer schon einmal richtig Sand in den Augen hatte, kennt das Gefühl: Es kratzt. Unangenehm. Bei jedem Blinzeln.
Ausspülen unter dem Wasserhahn, Augentropfen, nach innen reiben, an einer Zwiebel riechen, nichts hilft.
Also erstmal schlafen. Morgen sind die Sandkörner bestimmt draußen.
Doch am nächsten Morgen ist es kein Stück besser. Wir versuchen es noch einmal, aber die ganze Prozedur mit Ausspülen und nach innen reiben hilft nichts.
Wie gut, dass wir in einer Stadt sind und ein Augenarzt nur ein paar Minuten entfernt ist. Wir entscheiden uns, dorthin zu fahren. Denn alleine bekommen wir das nicht raus.
Nach kurzer Wartezeit kommt Anne dran. Der Arzt holt Sandkörner aus beiden Augen und empfiehlt für die Kratzer auf der Hornhaut noch eine Augenflüssigkeit. Alle in der Arztpraxis waren super freundlich und Anne freut sich, wieder schmerzfrei blinzeln zu können.
Die Arztrechnung konnten wir problemlos bei unserer Young Travellers Auslandskrankenversicherung einreichen und haben die Kosten komplett erstattet bekommen.
Mit freier Sicht fahren wir weiter nach Flagstaff.
Dort füllen wir unsere Vorräte wieder auf. Als wir gerade alles im Camper verstauen, werden wir auf dem Supermarkt Parkplatz auf Deutsch angesprochen.
Wie wir unser Fahrzeug hierhin bekommen haben? Wie teuer das war? Und wo wir schon überall waren? Nach einem kurzen netten Gespräch verabschiedet sich das deutsch-amerikanischen Pärchen von uns.
Am Abend sehen wir eine nette Überraschung in unserem E-Mail-Postfach. Die beiden haben uns über das Kontaktformular auf dem Blog geschrieben und fragen, ob wir zum Frühstück / Brunch am nächsten Tag kommen wollen. Sie würden sich freuen, noch ein bisschen länger mit uns zu plaudern.
Sehr gerne!
Brunch im Garten mit glücklichen Hühnern
Und so sitzen wir am nächsten Tag um 11:00 Uhr bei Teresa und Joe im Garten.
Der Tisch ist mit einer weißen Tischdecke gedeckt. Darauf Buttermilk-Pancakes, Toast, Kaffee und eben alles, was einen tollen guten Brunch ausmacht.
Die beiden haben uns einen so herzlichen Empfang bereitet! Wir genießen das Frühstück, unterhalten uns über Gott und die Welt und beobachten Teresas und Joes Hühner, die glucksend durch den Garten streifen.
Wandern in Sedona
Nach ein paar sehr netten Stunden verabschieden wir uns und machen uns auf den Weg nach Sedona.
Schon öfter haben wir die Amerikaner von Sedona schwärmen hören. Es soll ein schönes und beliebtes Wandergebiet sein.
Das Freistehen ist seit 2021 stark reglementiert und es gibt ausgewiesene Group Camping Sites – wir sind gespannt!
Der Stadtkern von Sedona ist ziemlich touristisch: Man kann hier bummeln, shoppen und schlemmen. Außerdem könnte man auch seine Aura lesen lassen, Yoga machen, Reiki-Massagen erhalten, Edelsteine kaufen – es scheint alles zu geben, was die irdische und spirituelle Welt zu bieten hat.
Wir machen einen kurzen Zwischenstopp in Sedona, um ein paar E-Mails zu beantworten. Im bunt besprühten Van neben uns fangen plötzlich zwei junge Männer an lauthals zu singen. Dazu tönen aus den Boxen ihres Campers laute Trommel-Klänge.
Sedona hat einen besonderen Spirit. Aus der Beobachter-Perspektive könnten wir dem bunten Treiben stundenlang zuschauen.
Aber wir sind ja zum Wandern da. Das Wetter gibt uns ein 2-Tages-Fenster für unseren Unternehmungen in Sedona. Dann soll es wieder regnen.
Anna hat zwei interessante Wanderungen gefunden: den Trail zum Capitol Rock und den Wanderweg zur Subway Cave.
Auf dem Capitol Rock wollen wir den Sonnenaufgang sehen. Das heißt, der Wecker klingelt um 5:30 Uhr und bei Dunkelheit machen wir uns auf den Weg zum Trailhead.
Das frühe Aufstehen hat noch einen weiteren Vorteil: Die Wanderung zum Capitol Rock ist sehr beliebt und die Parkplätze schnell voll. Dementsprechend macht es Sinn, sehr früh dorthin zu fahren.
Einige Kilometer vor dem Parkplatz bei Capitol Rock leuchtet ein Schild: PARKING FULL!
Anna ist schon enttäuscht. Anne meint: „Ach was, wir versuchen es trotzdem. Wir finden einen Parkplatz!„
Die angespannte Parkplatz-Situation kennen wir ja schon vom Lake Moraine.
Und siehe da: Der Parkplatz war zwar gut gefüllt, aber noch nicht voll. Die Schilder zeigen wohl tatsächlich einfach pauschal „Full“ an.
Falls du also einmal in touristischen Gebieten auf der Suche nach einem Parkplatz bist, lass dich nicht gleich abschrecken. „Full“ Schilder können auch bedeuten: „Könnte voll sein, du könntest aber auch Glück haben“.
Die kurze, aber steile Wanderung ist genau nach unserem Geschmack: Ein bisschen Kraxeln und eine weite Aussicht. Die Sonnenstrahlen kommen langsam am Horizont hervor und lassen das rote Tal erstrahlen. Wow, einfach nur schön!
Oben angekommen soll man zwischen den Felsen eine besondere Energie spüren. Wir sind uns unsicher: Wir spüren gerade vor allem, dass wir Hunger haben.
Am Nachmittag brechen wir zur Wanderung zum Subway Cave auf.
Der Weg ist nicht ausgeschildert und die Bewertungen dieses besonderen Trails reichen von „es ist leicht zu finden“ bis „wir haben uns verlaufen“.
Um zum Subway Cave zu kommen, folgt man erst einem ausgewiesenen Trail und biegt dann an einem ganz bestimmten Baum nach rechts ab.
Ah ja, klar. DER eine Baum. Zwischen den vielen.
Mit Hilfe der GAIA GPS App finden wir den Baum und die Abzweigung trotzdem.
Nach einigen Metern kommt uns ein Pärchen entgegen.
„Subway Cave?“ fragen sie.
Und wir grinsen „yes“.
„It is gorgeous!“ schwärmen sie und geben uns noch einen Tipp: „Take the first right“.
Ohne diesen Tipp wären wir irgendwohin gelaufen, aber sicherlich nicht zur Subway Cave.
Der Subway Cave ist ein großer Felsspalt mit abgerundeten Wänden. Wenn man darin steht, dann sehen die abgerundeten Wände aus wie ein U-Bahn-Tunnel.
Langsam kraxeln wir uns zur Subway hoch – auf allen Vieren. Der Weg ist wesentlich steiler, als es auf Fotos wirkt.
Oben angekommen blicken wir durch den Subway Cave. Faszinierend, was die Natur hier geformt hat.
Kurz vor Sonnenuntergang verlassen wir Sedona. Der Regen kündigt sich an.
California Spirit in San Francisco
Über die Mojave-Wüste fahren wir weiter Richtung Kalifornien. Nach einem Versorgungsstopp in Bakersfield geht es weiter auf dem Highway. Da dieser wenig „scenic“ ist, wechseln wir die Route und nehmen eine Querverbindung.
Wir landen mitten in den weitläufigen Obstplantagen: Granatapfel, Äpfel, Orangenbäume. Die Früchte sehen so lecker aus. Man möchte die Hand ausstrecken und einmal kurz ernten. Stundenlang fahren wir durch die Plantagen. Hier ist die Obstkammer der USA.
An der Westküste angekommen, können wir uns dieses Mal mehr Zeit für San Francisco nehmen und erkunden an zwei Tagen diese phänomenale Stadt.
Wir schlendern durch Chinatown, fahren mit dem „Cable Car“, genießen das Flair der Stadt und testen die wohl beste Pizza in Town (war wirklich super). Und den Abend verbringen wir mit einem Cocktail in einer netten Tikibar mitten in der Stadt.
San Francisco gefällt uns super und klettert auf Platz 2 unserer Lieblingsstädte (Platz 1: Amsterdam).
Der November war mal wieder gefüllt mit tollen Erlebnissen und Momenten. Wir sind gespannt, was der Dezember bereithält.
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